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Kröhlmann in Pfungstadt

die kleinste, privateste und verwegenste Bühne Hessens

Die meisten privaten Wohnzimmer sind größer als dieses winzige Theater, das sich selbst  und völlig zu Recht als kleinste, privateste und verwegenste Bühne Hessens bezeichnet. 29,6 Quadratmeter umfasst der Zuschauerraum, inklusive sechs Quadratmeter Bühne. „Kröhlmann“ heißt dieses Klein-Theater, benannt nach einer literarischen Figur des WoWoeten Friedhelm Kändler, und ist in Pfungstadt an der Sandstraße zu finden: Im ausgebauten Schuppen des Privathauses von Maria Bauer und Peter Edelmann. Die Küche des Ehepaares fungiert bei Veranstaltungen als Foyer, das Wohnzimmer wird zur Künstlergarderobe und für Übernachtungen stehen die ehemaligen Kinderzimmer zur Verfügung. In den Pausen trifft man sich im üppig bewachsenen Innenhof. Und immer mittendrin im Geschehen: die freundlichen Katzen Lassie Maier und Hannelore Handvoll.

Auch wenn die Bühne in jetziger Form erst zur Saison 2003/04 an den Start ging, Theater gibt es an diesem Ort schon seit 1992. Die beiden Verursacher, Maria und Peter, lernten sich 1990 in Frankfurt kennen. Maria kam aus Köln und absolvierte in der Mainmetropole ihre Zeit als Assistenzärztin. Peter ist gebürtiger Pfungstädter, floh der Heimat aber schon im zarten Alter von 18 Jahren und brach über Darmstadt auf in die „große, weite Welt“. Sein Weg führte über Bremen, Berlin und Düsseldorf schließlich an den Bodensee, wo er im freien Kulturzentrum Gems und als Lokaljournalist beim „Südkurier“ zugange war. In Berlin lernte er den begnadeten Villon-Darsteller und Musiker Thomas „Schnulli“ Koppelberg kennen und hörte in der „Galerie am Chamissoplatz“ erstmals Eckhard Henscheid live lesen – Erlebnisse, die nicht ohne Folgen bleiben sollten.

Als Maria und Peter aus privaten Gründen nach Pfungstadt zogen, begannen sie, sich ein wenig zu langweilen. Im Zuge umfangreicher Renovierungs-, Entrümpelungs- und Umbauaktionen am Haus Wildkind legten sie „die Hall“ frei, die, jahrelang als schnöder Schuppen missbraucht, leergeräumt und weiß gekalkt einen ganz eigenen, rauen Charme versprühte. Beim ersten Hausfest im Jahr 1992 spielte „Schnulli“ Koppelberg, nun schon seit Jahren brüderlicher Freund von Peter, vor einem fasziniertem Gästepublikum in eben dieser „Halle“ sein legendäres Stück „Das Testament des Francois Villon“. Dieser Abend war die eigentliche Geburtsstunde des „Bureau für Nichts &soweiter“ (BfN). In lockerer Reihenfolge und privatem Rahmen gab es in Folge Veranstaltungen zwischen Blues, Lesungen der „Neuen Frankfurter Schule“ und Theater – stets getreu dem Motto „just for fun & just for friends“.

Im Zuge der Grundrenovierung der vormals unheizbaren Örtlichkeit nahmen Maria und Peter 1997 eine Auszeit von einem Jahr und erklärten das „Bureau für Nichts &soweiter“ für selig gesprochen. Aber schon ein Jahr später meldeten sie sich als „Kommunaler Irene Knopf Klub“ (KIKK) zurück. Diese Dame aus einem Buch Eckhard Henscheids gab nicht nur dem Klub, sondern später auch noch einem Kulturpreis ihren Namen.

Das neueste Projekt des Hauses Bauer/Edelmann ist nun das „Kröhlmann“, das es ohne die Vorläufer „Kikk“ und „BfN“ nicht gäbe und im Prinzip einen Zusammenfassung von Kleinbühne, Probebühne, Kleinstudio für Ton und Video in Verbindung mit no-cost-Künstlerzimmern in der hauseigenen „Pension Hannelore“ (den ehemaligen Kinderzimmern) ist. Das Ganze untersteht nach wie vor dem inzwischen als gemeinnützig anerkannten Verein „KIKK“ –ein Kleinstverein mit sieben Mitgliedern.

Groß hingegen ist die Kunst, die im „Kröhlmann“ geboten wird. Ob Kabbaratz, Vince Ebert, Wiglaf Droste, Marianne Iser und Thomas Duda, Susanne Betancor oder Friedhelm Kändler – zahlreiche bekannte Namen zierten schon das Programm der kleinen Bühne. Und jede Menge (noch) unbekannte Größen. Ob Kabarett, Chansons, Theater, Jazz, Lesungen – das Angebot ist breit gefächert und ausgesprochen professionell. Als Profis sehen sich die Pfungstädter Theaterbetreiber dennoch nicht: „Wir alle sind begeisterte Amateure, also Liebhaber von Kleinkunst, Kleintheater, Literatur und Musik – keine Profis, die damit ihren Lebensunterhalt verdienen wollen oder müssen. Und: Wir wollen unsere Liebhaberei mit anderen teilen, soweit sich das machen lässt.

Öffentliche Gelder – also Subventionen - nehmen die „Kröhlmänner“ nicht in Anspruch. Vielmehr sind sie der Meinung, dass bildungsbürgerliche Kultur, getragen von meist gutbetuchten Personen aus Wirtschaft, Lehrerschaft und Verwaltung, nicht per städtischer Zuschüsse auf die Geldbeutel der Gesamtbevölkerung zugreifen sollten. Dieses Prinzip haben sie nun schon 14 Jahre erfolgreich durchgehalten. Da Peter und Maria aber der Meinung sind, dass halbwegs anständige Gagen bezahlt werden sollen, legen sie in der Regel mal mehr, manchmal auch weniger drauf. „Ist aber nicht tragisch - schließlich ist es sehr viel bequemer und immer noch billiger, als anders wo hin zu fahren, Eintritt, Fahrtkosten, Übernachtung nebst Essen und Trinken zu zahlen.“
Von ihrem Publikum nehmen sie 18 Euro Kostenbeitrag. Darin enthalten ist neben dem Eintritt die komplette Bewirtung, wie der Prosecco zum Empfang, die legendäre heiße Rindswurst vom Pfungstäder Metzger Riehl zur Pause und das leckere Darmstädter Braustübl-Pils, Weißwein, Mineralwasser und naturbelassener Apfelsaft während der Vorstellung.
Wer nun glaubt, diese kleine, feine Theater ist aufgrund seiner geringen Kapazität und der hohen Qualität des Programms ständig ausverkauft, unterliegt einem Irrtum. Öfter bleiben bei Veranstaltungen Plätze frei – selbst eine kurzfristige Nachfrage kann also von Erfolg gekrönt sein.

Kroehlmann-Theater, Pfungstadt, SandstraSSe 5, Tel. 06157 157010, www.kroehlmann.de

Kulturpreis „Pfungstädter Knopf“

Im Jahr 2002 beschloss der „Kommunale Irene Knopf Klub“, anlässlich der Pfungstädter Maifestspiele einen Kulturpreis, den „Pfungstädter Knopf“, zu vergeben. Dotiert ist dieser mit 750 Euro sowie einer Einladung für einen einwöchigen Aufenthalt im Haus Edelmann/Bauer. Für den oder die ausgezeichneten Künstler sind keinerlei weitere Verpflichtungen mit dem Preis verbunden. Die Preisgelder stammen aus Spenden und privaten Quellen, öffentliche Mittel werden selbstverständlich nicht verwendet. Voraussetzung für die Auszeichnung mit dem „Pfungstädter Knopf“ ist neben herausragender Qualität eine Präsenz des Werks des oder der Preisträgers im Pfungstädter Kulturleben.

Der erste „Pfungstädter Knopf“ ging an den Hannoveraner Literat, Poet und „Wowoetiker“ Friedhelm Kändler. Er selbst gastierte bereits mehrer Male in Pfungstadt, seine Texte und Lieder wurden dort schon zu Gehör gebracht von Alix Dudel, Ingrid Bensch, Dorit Meyer, Alfons Kujat, Uli Schmid, Marcus Jeroch, Christian Moritz, Thomas Frank, Thomas Dust, Marianne Iser und Thomas Duda. 2003 erhielten   "Schneewittchen“ aus Hannover,  Marianne Iser und Thomas Duda, den Preis. 2004 ging der „Pfungstädter Knopf“ an Christiane Weber und Timm Beckmann aus Essen. Auch der Preisträger 2005 steht bereits fest: Die Schwarze Grütze“ aus Potsdam. Dirk Pursche und Stefan Klucke sind wahre Seiltänzer auf dem schmalen Grad des schwarzen Humors. Ob Suizid, Kampfhund oder Schönheitschirurgie - ihre Themen sind nicht wirklich lustig, bis man im Programm der Schwarzen Grütze war.

Gesponsert wird der Kulturpreis dieses Jahr erstmals von einer Brauerei, allerdings nicht, wie Austragungsort und Name des Preises vielleicht vermuten lassen, von der mit dem Hufeisen, sondern von der Darmstädter Brauerei. Diese beweist sich übrigens schon seit Jahren - unter anderem als Sponsor des Kröhlmann-Theaters - als engagierter Kulturförderer.

 

     

 

  
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