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Symbiose zwischen den Zeiten

Das Saalbau-Kino in Pfungstadt wird mit viel Sinn für die Vergangenheit geführt

21 Grad, selbst im heißesten Sommer, herrschen im einzigen Saal des Saalbau-Kinos in der Pfungstädter Lindenstraße angenehme Temperaturen. „Ohne Klimaanlage“, sagt Betreiber Georg Vögler. Groß ist er, der Saal, mit viel Platz für die Beine in den Sitzreihen. Der Eingang des Kinos mit einem unsäglichen Megablumenkübel davor verheimlicht die Qualitäten des Kinos. Mit den Schaukästen und der alten Fassade sieht das Kino eher nach Kleinbetrieb aus. Eindrücke, die sich im Kassenvorraum und im engen Flur auf dem Weg zu Saal fortsetzen. Hat man den aber erst einmal betreten, wird klar: Hier können sogar Blockbuster an einem Sommerferienwochenende laufen, ohne dass man Platzangst bekommt. In die Vorführtechnik wurde regelmäßig investiert, alles ist auf dem neuesten Stand. „Das ist wichtig. Wir wollen den Ansprüchen unserer Gäste genügen.“ 
Dem achtundsiebzigjährigen Georg Vögler sieht man sein Alter nicht an. Er managt noch immer den Kinobetrieb, den sein Großvater anno 1913 erstmals und damals nur sporadisch in einem Festsaal betrieb. Georg Vöglers Vater Georg-Wilhelm übernahm 1927 das Kino von seinem Vater, 1943 wurde es ausgebombt, 1944 begann der Kinobetrieb wieder in einer Pfungstädter Turnhalle. Zwischen 1949 und 1954 wurden Filme im Saal einer Gaststätte in der Eberstädter Straße gezeigt, nach dem Wiederaufbau des Saals in der Lindenstraße 1954 zum Kino ist es bis heute dort geblieben. 10.000 Zuschauer zählt Vögler pro Jahr.
Warum bleibt er dem Kinogeschäft treu? „Aus Tradition. Einmal Kinomann, immer Kinomann“, sagt er fast beiläufig und mit einem gewissen Unverständnis für die Frage. Sohn Joachim (48) hilft trotz einem gänzlich sachfremden Hauptberuf dem Vater. „Ich hoffe, er wird das Kino weiterführen, nach mir“, sagt Vögler und sieht dabei hoffnungsvoll aus. Er kann im Alltagsgeschäft auf zwei weitere Getreue zurückgreifen. Dieter Bensemer und Wolfgang Hahn helfen Vögler bei den Vorführungen und beim Aufhängen von Plakaten. Die Altherrenriege versteht sich, kennt sich schon ewig. Die Herren blicken gerne zurück. In die Zeit, als der Kinosaal noch eine Bühne hatte. „Acht mal acht Meter war die groß“, sagt Vögler. Ein Pferd habe einmal bei einer Theateraufführung darauf gestanden. „Ein echtes“, betont er.
Daheim, nur einen Katzensprung vom Kino entfernt, zeigt Vögler seine DVD-Sammlung. „Ich mag Filme.“ Die DVD als Hauptkonkurrent der kleinen Lichtspielhäuser, von der Theorie hält er nichts. „Die Verleiher machen uns am meisten zu schaffen.“ Krisen für die Kinos habe es immer gegeben. „Als das Farbfernsehen kam, die Videos und die Zeit, in der die Fernsehsender immer mehr Kinofilme spielten. Aber all diese Krisen gingen vorüber.“ Die Verleihpolitik der Filmgesellschaften mit ihren immer strikteren Reglements sei das eigentliche Problem. „Haste Umsatz, haste Filme. Haste aber keine Filme, haste auch keinen Umsatz. Die Verleiher haben die Katze noch nicht entdeckt, die sich da selbst in den Schwanz beißt“, moniert er. Und für ein schlechtes Kinojahr wie 2004 hat Vögler auch ganz pragmatische Erklärungen parat. „Es gibt eben nicht in jedem Jahr gute Filme. Solche wie das ‚Traumschiff’ von Bully Herbig kommen eben nicht jedes Jahr heraus.“
Die Zeiten sind wohl endgültig vorbei, als jede Vorstellung ausverkauft war. „Die gab es nämlich“, sagt Vögler fast trotzig. Sonja Ziemann spielte da in „Grün ist die Hölle“. Es war Aufbruchstimmung, es war Sehnsuchtsstimmung, es war die Zeit, als Stars noch nicht per Illustrierter und per Fernsehen in die Haushalte kamen. Es war vor allem die Zeit, als die Stars noch generationsübergreifend waren. 
Georg Vöglers persönlicher Filmgeschmack beschört diese Zeiten - „Drei Männer im Schnee“, „Münchhausen“, „Die Drei von der Tankstelle“. „’Titanic’ war auch ein sehr guter Film, geschäftlich“, sinniert er.
Vögler beharrt auf den alten Zeiten. Er zeigt freilich moderne Filme, der Markt verlangt es. Aber die Begeisterung für das Metier „Kino“ hat bei ihm mit der Vergangenheit zu tun. Als er den OUTBACK-Autor empfängt, tut er es mit säuberlich dekorierten alten Aufnahmen seines Kinos und mit alten Zeitungsberichten. Wenn er dann, flankiert von seinen beiden Helfern (von links: Dieter Bensemer, Georg Vögler, Wolfgang Hahn) vor der charmanten Schaukastenwand mit den Plakaten der aktuellen Filme in seinem Kino steht, kommt sie auf, die Gewissheit, dass Georg Vögler die Symbiose zwischen Kinonostalgie und Jetzt-Zeit geschafft hat. Irgendwie.

Saalbau-Kino, Lindenstraße 71, Pfungstadt, Kartenreservierungen unter Telefon 06157 3398. Erwachsene 5,50 bis 6,50 (Sperrsitz), Jugendliche 3,50 Euro. Samstags und sonntags um 15 Uhr wird ein Kinderfilm gezeigt. Außer donnerstags läuft jeden Abend um 20.15 Uhr der Hauptfilm, an den Wochenenden zusätzlich auch um 17.30 Uhr.

Jürgen Buxmann 

 

     

  

 

 

 

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